Peru ist bekanntermaßen ein sehr herzliches Land und so begrüßt mich Lima schon morgens um 7 beim Ausstieg aus dem Flugzeug mit freundlicher, grauer, feuchter Hitze, die mir schwungvoll wie ein riesiges, feuchtes Handtuch ins Gesicht klatscht. Nachdem ich allerdings schon 20 Stunden in denselben Klamotten in einem vollgepfropften Airbus verbracht habe, ist das bisschen Feuchtigkeit eigentlich auch egal. Ich mache es also wie alle anderen und schwitze mich entspannt vom Migration-Point zum Gepäckband und dann direkt durch den Zoll. Gott sei Dank habe ich online ein wundervolles kleines Hostel im Stadtteil Los Olivos gefunden, das nicht nur direkt um die Ecke zum Flughafen liegt, sondern auch von der wundervollen Mama Backpacker betrieben wird, die so freundlich ist, mich in dieser Herrgottsfrühe höchstpersönlich abzuholen. „Hace mucho calor, sí?“ begrüßt sie mich fröhlich grinsend, fröhlich schwitzend grinse ich zurück. Ihr Mann, ein knorriger Schweizer französischer Herkunft nimmt mein Gepäck und schwitzt auch. Auf der Fahrt ins Hostel lerne ich direkt die Fahrweise der Peruaner kennen und stelle fest, dass eine Frage nach „Wie lange dauert es denn bis…“ immer nur mit „Kommt auf den Verkehr an.“ beantwortet werden kann. Die Fahrweise der Peruaner selbst lässt sich ganz gut mit dem Ausruf „Geronimooooo!“ beschreiben. Die Fahrer stürzen sich mit gezücktem Gaspedal todesmutig ins Getümmel, wie einst der Häuptling der Apachen in die Schlacht. Abbiegen beispielsweise wird hauptsächlich durch Winken aus dem Fenster angekündigt. Zum einen sind die Fenster der Hitze wegen eh immer offen, zum anderen haben die Blinker im Zweifel nichts, aber auch gar nichts mit der Richtungsänderung zu tun. Manchmal blinkt das Auto einfach so vor sich hin. Ich lerne später, dass Autos hier einfach immer wieder und wieder geklebt, verschraubt, gelötet und im Notfall auch einfach zusammengebunden werden. „There is no fatal accident“ oder auch: „Solange es sich bewegt und man hupen kann, ist es ein fahrtüchtiges Fahrzeug.“ Hupen geht übrigens immer. Kurz vor einem möglichen Zusammenstoß, kurz nachdem fast etwas passiert wäre oder euch einfach präventiv immer mal wieder zwischendurch. Bei einer Stadt mit 10 Millionen Einwohnern sind die Straßen natürlich entsprechend voll, der Lärmpegel enorm und bei der Luftverschmutzung ist es kein Wunder, dass Lima auch „die graue Stadt“ genannt wird. Eine der Ursachen für das Verkehrschaos ist unter anderem das Konzept der motorisierten Velo- und normalen Taxis und der Busse. Die Fahrer müssen sich am Morgen die Velotaxis, Autos und Busse gegen ein Endgeld mieten und haben dann bis in die Nacht Zeit das Geld wieder rauszuholen und möglichst noch Gewinn zu machen. Die Konsequenz daraus ist, dass alle Fahrer versuchen so schnell wie möglich, so viele Fahrten wie möglich zu machen. Das Ergebnis ist besagtes Verkehrschaos. Zwischendurch hat offensichtlich irgendwer mal versucht diesem Geschwindigkeitsrausch Einhalt zu gebieten und hat auf vielen Straßen alle paar Meter Bodenwellen bauen lassen. Die scheinen aber eher den Ehrgeiz der Fahrer zu wecken, Höchstgeschwindigkeiten auf kurzen Strecken mit möglichst hoher Bremskraft zu koppeln. Das erste Newtonsche Gesetz zerrt an meinen Nerven und Nackenmuskeln. Erstaunlicherweise kommen mir die Limenos trotz allem eher gelassen und fast ein wenig stoisch vor. In den Bussen schwitzen (da haben wir es wieder) die Leute stoisch vor sich hin, sie quetschen sich auch gelassen in die völlig überfüllten Fahrzeuge, auch wenn die Türen dann nicht mehr wirklich schließen und in aller Ruhe zwängen sich Mütter mit 3 Kindern an der Hand zwischen zwei riesigen Bussen auf einer blockierten Kreuzung hindurch. Und trotz all der Hektik ist niemand wirklich aggressiv. Interessanterweise sind die Limenos aber auch ein wenig ambivalent, was ihr städtisches Chaos angeht. So sehr auch sämtliche Regeln mit großer Hingabe missachtet werden, und damit sind sowohl gesetzliche, als auch physikalische gemeint, so wird doch beispielsweise vor dem Einsteigen in den Bus in Reih und Glied angestanden und wehe dem Touristen, der das nicht sofort bemerkt. Von einer Schlange wild gestikulierender Peruaner ans Ende selbiger geschickt werden, ist ein bleibender Eindruck.
Dieses war der erste Streich und der zweite folgt. Nicht sogleich, aber er folgt. Bevor dem geneigten Leser also vor lauter Müdigkeit das Handy aufs Gesicht fällt, mache ich hier eine Pause und schiebe den Rest in Teil 2 und / oder 3.