FairMail

Ich bin jetzt seit knapp drei Monaten wieder aus Peru zurück und kann schon gar nicht mehr zählen, wie oft mir die Frage: „Und, wie war Peru?“ gestellt wurde. Dabei fällt mir dann immer wieder auf, wie wenig ich eigentlich von den typischen Reisezielen gesehen habe, von denen Peru Unmengen zu bieten hat. In 3 verschiedenen Landschaftszonen gelegen, ist das Land laut Wikipedia und Taschenrechner 3,598351476056086 Mal so groß wie Deutschland und beherbergt neben der Quelle des Amazonas, die weltweit größte Diversität an Vögeln (faszinierend), außerdem den zweitgrößten Berg gemessen vom Erdmittelpunkt und natürlich so historisch sehenswerte Kleinigkeiten wie Macchu Piccu.

Weil ich mich letztes Jahr aber bewusst gegen Backpacking und für eine ehrenamtliche Tätigkeit bei FairMail in Huanchaco entschieden habe, blieb insgesamt wenig Zeit für die herkömmlichen Reiserouten. So haben sich meine Erfahrungen diesbezüglich auf so kulinarisch fragwürdige Genüsse wie das Abnagen eines mageren Meerschweinchens und die im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubende Herausforderung des Laguna 69 Trails beschränkt.

In Huanchaco selbst findet man erstaunlich viele Möglichkeiten sich ehrenamtlich zu betätigen. Egal ob für Menschen, Tiere oder Natur, es ist für jedes Volunteer-Herz etwas dabei. NAFE Peru beispielsweise kümmert sich um Kinder, unterrichtet, beschäftigt und versorgt mit regelmäßigen Mahlzeiten. Esperanza Canina wiederum hat sich der Versorgung Huanchacos unzähliger verletzter und kranker Straßenhunde verschrieben. Neben diesen gibt es noch viele andere Organisationen und wer möchte, kann sich hier einen Überblick verschaffen. Wobei ich damals, bei der konkreten Suche weder Peru, geschweige denn Huanchaco als den Ort meiner Wahl im Blick hatte. Eigentlich hatte meine Mitbewohnerin das Projekt eher durch Zufall entdeckt. Selbst auf der Suche nach einer sinnbehafteten Tätigkeit im Ausland schickte sie mir irgendwann im Oktober letzten Jahres einen Link zu FairMail mit dem einfachen Satz: „Wär‘ das nicht was für dich?“ Also bewarb ich mich. Ohne so recht zu wissen, was auf mich zukommt. Einfach aus dem Bauch heraus und völlig ohne Spanischkenntnisse. Um die auf ein akzeptables Maß zu heben, habe ich letztes Jahr sowohl einen Volkshochschulkurs gemacht, Privatunterricht bei der famosen und unbedingt empfehlenswerten Jennifer genommen, Skype-Unterricht mit einem auf heftigste flirtenden Ecuadorianer ausprobiert und zu guter Letzt einen 4-wöchigen Crash-Kurs bei der Academía Suarez absolviert. Als ich in Köln in den Flieger nach Lima stieg hatte ich also zumindest einen Basiswortschatz in Spanisch und das Versprechen sämtlicher Lehrer, dass die Peruaner total langsam sprechen würden. Eine im Übrigen genauso große Lüge, wie das Versprechen, dass es in Köln eh nie schneien würde. (Es ist jetzt mein 8. Winter und es hat jedes. Verdammte. Jahr. Geschneit.). Aber zurück zum Thema. Am Anfang habe ich also außer „Buenos Dias“ und „Gracias“ gefühlt gar nichts verstanden und entsprechend schwierig gestaltete sich auch meine erste Stunde bei FairMail (was FairMail tut, habe ich hier schon mal beschrieben). Trotzdem haben Paul und ich unter Zuhilfenahme der allseits beliebten Hand-Fuß-Kommunikation ganz passable Fotos eines Wassertropfens hinbekommen und in der zweiten Stunde sogar ganz fantastische. Paul ist der hartnäckigste kleine Amateurfotograf, der mir je vor die Linse gekommen ist. Für das richtige Foto steigt er ohne groß nachzudenken kopfüber in den nächsten Rosenbusch.

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FairMail ist aber viel mehr als nur eines von unzähligen Projekten weltweit, dass Jugendliche dabei unterstützt aus der Armut heraus zu kommen. FairMail ist Familie, FairMail ist Mentor, FairMail ist Freundschaft und Wegbegleiter für all die Kids, die das große Glück haben dort teilnehmen zu können.

Aber nicht nur für sie, sondern auch für uns Volunteers. Mara und ich haben viel Spaß gehabt und noch mehr gelernt.

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In diesen 2 Monaten bin ich ein bisschen ruhiger geworden, habe viel darüber gelernt, welche Werte mir im Leben wirklich wichtig sind und natürlich unfassbar viele tolle Menschen kennengelernt. Die erwachsene und toughe Anidela zum Beispiel, ehrlich und gerade heraus und mit viel Herz dabei.

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Oder Dante, genauso fußballversessen wie Paul, sehr zurückhaltend und daher ein guter Beobachter.

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Diana ist unglaublich großherzig, hilfsbereit und gut organisiert. So vorbereitet wie sie, bin ich mit meinen 35 Jahren noch lange nicht.

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Bryan hingegen ist ein typischer Teenager, selbstbewusst, manchmal fast ein kleines bisschen großspurig und ein sehr talentierter Fotograf. Genauso wie Gabriel. Mit seiner Leidenschaft und Kreativität ist er fotografisch ganz vorne dabei. Kzanier hat, wie eigentlich alle der Jungs, ein sehr großes Interesse an Technik. Mit ihm habe ich mich am meisten über meine neue Kamera unterhalten. Zumindest soweit mein Spanisch es zuließ. Er ist aber auch ein Träumer und während er immer für andere mit Rat und Tat da ist, vergisst er darüber gern seine eigene Arbeit.

Angelica ist eine Kämpfernatur, sportlich, beeindruckend gut um Fußball und auf der anderen Seite genauso kreativ in ihrer Fotografie.

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Medalit war am Anfang, wie Dante, auch sehr ruhig, aber ich glaube sie hat eine innere Kraft, die selten ist und sobald sie diese findet kann sie alles schaffen. Über die 2 Monate sind ihre Bilder mit ihrer positiven Einstellung gewachsen.

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Und last but not least Angeles. Sie wirkt schon so wahnsinnig erwachsen, hat immer ein offenes Ohr und für Jeden und jede Foto-Idee kreative Tipps und Ratschläge.

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Und so verging die Zeit wie im Flug und ich möchte mich bei Peter, Janneke, Mariaflor und Betty für die Chance bedanken. Die vier sind nicht nur tolle Menschen, sondern sie leiten und betreuen ein Projekt, welches eigentlich noch viel, viel mehr Aufmerksamkeit erfahren müsste. Ich würde mich freuen, wenn ihr mithelft FairMail auf sämtlichen Social-Media-Kanälen zu promoten. Also kauft Postkarten, redet solange auf euren Arbeitgeber ein, bis für sämtliche Weihnachtskarten nur noch FairMail genutzt wird, bewerbt euch als Volunteer oder geht mit den Kids auf eine Foto-Reise.

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